Eigentlich haben wir unser Vertrauen in das Konzept einer „Culture juste“ der neuen Generalorder N° 10 (régime des
mesures disciplinaires) bei deren Einführung bekundet (siehe Transport N°12 / Oktober 2019). Leider muss ich dieses
Bekenntnis 3 Monate später in Frage stellen. Der Vertrauensverlust in die RH-Direktion ist groß.
CORE2-Bekenntnisse auf Hochglanzpapier, Mitarbeitergespräche anstatt der Strafkultur, alles leere Worte, Versprechen
ohne Inhalt. Wo bleiben die Begriffe Wertschätzung, Respekt und Ehrlichkeit in der Praxis? Dass Taten auf Worte folgen,
bleibt eine Fehlanzeige!
Oder wird die Eisenbahnerwelt mit dem Stichdatum vom 01.03.2020 (Einführung des neuen OG10) plötzlich rosa. Eher
nicht, die Stimmung bei vielen CFL-Mitarbeitern könnte tiefer nicht sinken. Das Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist für
viele eine Illusion?
Die beiden letzten Fälle im „Conseil d’Enquête“ (Thema „dévoyé“, wo ich als Verteidiger anwesend war) haben gezeigt,
dass fast nur in eine Richtung ermittelt wird. Belastende Fakten bzw. Informationen werden zu einer reinen Anklageschrift
verfasst. Entlastende Elemente, sollten sie dann erfasst worden sein) fallen unter den Tisch. Die Tatsache, dass
Dossiers unvollständig und fehlerhaft sind, ist leider allzu oft der Fall.
Die Wertecharta „Im Alltag behandeln wir unsere Kollegen mit Respekt, Höflichkeit und Würde, ohne jegliche Form der
Diskriminierung“, hatte im alten OG10 keinen Platz. Irrtümer und Verfehlungen, die keine Gefährdung des Zugverkehrs
darstellen, sollen selbstverständlich geahndet werden. Was wir hingegen anprangern ist die übertriebene Härte, mit
der solche Fälle in einem «Conseil d’Enquête» abgehandelt werden. Das angewandte Strafmass ist klar überzogen. Die
Fahrdienstleiter verlangen keine Sonderbehandlung, aber Gerechtigkeit.
Jetzt versteht man auch warum der „Zeuge“ bei zukünftigen Gesprächen (im Rahmen des OG10) nicht festgeschrieben
wurde. Die schwarzen Schafe können weiterhin „einseitige Berichte“ verfassen, dem „Angeklagten“ bleiben keine Alternativen.
Seine Rechte auf eine faire Behandlung sind eingeschränkt.
Inakzeptabel ist die Vorgehensweise des Präsidenten des „Conseil d’enquête“ indem er über angebliche Vorfälle spricht,
bei denen die betroffene Abteilung großzügig gewesen sei! Dies sind Andeutungen, verdeckte Vorwürfe, ohne eine
belastende oder entlastende Zeile im Dossier. Ist dies die eigene hausgemachte „Culture juste“ des RH-Direktors? Auf
welchem Dokument basiert denn diese Vorgehensweise?
Deshalb sollte man die Ansprüche, die man an andere stellt, auch selbst erfüllen (und manchmal in den Spiegel schauen),
ob man sich noch selbst gerecht wird. Sonst müssen andere sich die Mühe machen, eine Bilanz zu erstellen! Kritische
Fragen, die bei der Mitarbeiterumfrage fehlten, ein Beispiel. ??
Fazit: Kommunikation
Das Zauberwort ist immer noch die Kommunikation, der (ehrliche) Dialog. Oder ist es an der Zeit, die Vertrauensfrage
bei der CFL-Belegschaft über die Sozialkompetenz des RH-Direktors zu stellen?
Paul GRIES