Erste Entwicklungen im modernen Gewerkschaftswesen gab es bereits ab 1864 mit dem Aufbau des “Buchdruckverein der Stadt Luxemburg” und dem “Katholischen Gesellenverein”. Trotz dieser kleinen Erfolge war Luxemburg noch weit hinter den internationalen Entwicklungen geblieben.
Die Arbeitsbedingungen waren miserabel und Arbeitszeiten von 12 Stunden pro Schicht Normalität. Eine soziale Absicherung in Form von Sozialversicherungen und Gesetzen suchte man noch vergebens. Wählen konnten nur die wenigsten und ohne Streikrecht war es schwer Forderungen durchzusetzen.
Frühe Gewerkschafter
Ab 1903 bildeten sich, hauptsächlich aus dem linken Politikspektrum, kleinere Gewerkschaften in Luxemburg. Doch auch auf katholischer Seite bildete sich im gleichen Jahr der Luxemburger Volksverein, aus dem ab 1905 die ersten Katholischen Arbeitervereine herausgingen. Die Eisenbahner verbanden sich innerhalb dieser Verbände zu kleineren Gruppen zusammen. 51 dieser Gruppen kamen 1909 zusammen zur “Gründung eines Luxemburger-Eisenbahner Verbandes”, dem “Landesverband”. 1910 gründeten zahlreiche Arbeiter der Wilhelm-Luxemburg Eisenbahn einen katholischen Eisenbahnerverein.
Diese “frühen Gewerkschafter” sahen sich jedoch Anfeindungen gegenüber, so z.B. untersagte die Direktion der Wilhelm-Luxemburg Bahn seinen Arbeitern „dem Landesverband oder den katholischen Volksvereinen beizutreten.” Dies führte dazu, dass die Gewerkschafter ihre Mitgliedschaft bzw. ihre Absichten geheim halten mussten. 1914, mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, besetzte die deutsche Armee Luxemburg. Auch die Deutschen unterdrückten die Gewerkschafter doch die steigenden wirtschaftlichen Schäden des Krieges und die Not brachten viele Arbeiter dazu, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen und sich an Protesten zu beteiligen.
So entstanden der “Metallarbeiterverband” (LMAV) und der “Berg- und Hüttenarbeiterverband” (LBHAV). 1917 schlossen sich die Arbeiter der Prinz-Heinrich-Eisenbahnen zur “Fédération des agents des chemins de fer Prince Henri” zusammen. Der Krieg und die wirtschaftlichen Missstände führten zu einer Erstarkung der Sozialbewegung, auch wenn die deutsche Besatzungsmacht noch versuchte die Bewegung zu untedrücken.
Mit dem Ende der Besatzung stellten die eher links-gerichteten Gewerkschaften ihre Forderungen an die Regierung zur Besserung der allgemeinen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Situation im Land. 1919 schlossen sich jegliche Eisenbahnervereine und Gruppierungen, etwa 90% der Arbeiter, dem Landesverband an. Anfang 1920 vereinten sich auch die Gewerkschaften der Metall-, Berg- und Hütte-
narbeiter im “Luxemburger Berg- und Metallindustriearbeiterverband”(LBMIAV). Diese Zusammenschlüsse erhöhten die Kraft der Gewerkschaften ihre Forderungen durchzusetzen. Zeitgleich kam es aber auch zu Zersplitterung: Sowohl die Kommunisten als auch die Privatbeamten gründeten ihre eigenen Verbände.
Entwicklung der Sozialbewegung auf katholischer Seite
Doch auch auf katholischer Seite entwickelte sich die Sozialbewegung. Vor dem Krieg stand der Volksverein dem Aufbau christlicher Gewerkschaften sehr abgeneigt gegenüber, hatte eventuell sogar aktiv – mit Unterstützung des Klerus - diese verhindert. Die Kriegsnotstände und das Ende der Besat zung läuteten jedoch ein Umdenken ein. Während der Besatzung wurde den christlichen Arbeitern vom Klerus und den Arbeitervereinen geraten sich den neutralen Gewerkschaften anzuschließen. Die verstärkte linke Positionierung des LBHIAV und des Landesverbands sowie die Gründung der “Christlichen Gewerkschaftsinternationale” lieferten Anstöße zur Gründung von christlichen Gewerkschaften.
Geburtsstunde des SYPROLUX
Es kam zu Gesprächen zwischen Rechtsparteipolitikern, kleineren christlichen Gewerkschaften und den Arbeitervereinen, die in der Gründung des “Luxemburgischen Christlichen Gewerkschafts-Bunds” (LCGB) am 23. Januar 1921 mündeten. Auch bei den christlichen Eisenbahnern kam Bewegung auf: 1922 wurde der “Syndicat Professionnel des Cheminots Luxembourgeois” kurz SYPROLUX gegründet, mit dabei der katholische Eisenbahnerverein der Wilhelm Bahn und die “Fédération” der Prince-Henri Bahn. “Es hat sich die unumgängliche Notwendigkeit herausgestellt, fern von jeder Parteipolitik, eine Eisenbahnerberufsorganisation auf christlicher und gesetzlicher Grundlage ins Leben zu rufen, um dem gedachten Bedürfnis gerecht zu werden“. (Auszug aus: Klein, Arthur, 75 Joer Syprolux Péiteng, S. 48.)...
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Weichenstellung zur Statutenänderung der CFL (1991–1997)
Die 1990er Jahre stellten eine Zeit des Umbruchs für europäische Eisenbahnen dar. Der Jahrelange Ausbau des Straßennetzes und eine Verkehrspolitik, die eher zugunsten des Straßenverkehres maßgeschneidert war, hatten erheblich negative Auswirkungen auf die Attraktivität der Eisenbahn als Transportträger. Der Anteil der Eisenbahn im Personen- und Güterverkehr schrumpfte kontinuierlich, insbesondere durch die Verlagerung dieser Aktivitäten auf der Straße, die dort kosteneffektiver ausgeführt werden konnten als auf der Schiene. So, dass Maßnahmen ergriffen werden sollten, um die Effizienz der Schiene als Transportträger zu steigern. Um der negativen Tendenz entgegenzuwirken, meinten die Mitglieder der europäischen Kommission, eine allmähliche Liberalisierung des Eisenbahnwesens sei Trumpf, um der kritischen Lage Meister zu werden. Und darin liegt der Ursprung einer der kontroversesten Maßnahmen, die je verabschiedet worden war. Und zwar die EU-Richtlinie 440/91, die am 29. Juli 1991 veröffentlicht worden war.
Die EU-Verordnung 440/91
Diese neue Richtlinie sah die Trennung von Infrastruktur und Betrieb auf mehreren Ebenen vor. Mit dem Inkrafttreten dieser Richtung wurde zugleich die Verordnung 1191/69 aus dem Jahre 1969, die die Entschädigung der staatlichen Bahnen für Aufgaben öffentlichen Nutzens versichert, außer Kraft gesetzt.
Ein ungutes Gefühl
Die neue Lage diente als Anlass zur Sorge für die Eisenbahnergewerkschaften Europas, so dass es schon im September 1991 zu ersten Äußerungen seitens der Eisenbahnergewerkschaften über diese neue EG-Regelung kam:
“Wir werden das ungute Gefühl nicht los, dass es im Endeffekt dazu kommen könnte die Eisenbahnen unter allen Umständen zu profiteinfahrenden Betrieben machen zu wollen.” (Auszug aus: Welche Marktwirtschaft für Europa? – Transport n° 15, 27. September 1991)
Dies führte zu der Überlegung, dass Eisenbahnen rein als öffentlicher Dienst betrachtet werden können, und dass eine Umgestaltung zu einem profitorientierten Betrieb zu Ungunsten der Allgemeinheit ausgehen könnte:
“Wir sind eher der Meinung, dass die wirkliche wirtschaftliche Rentabilität der Transportbetriebe, und vor allem der Eisenbahnen darin bestehen müsste den nationalen Wirtschaften gute und wettbewerbsfähige Dienste zu leisten, auch wenn dadurch im eigenen Transportgeschäft rote Zahlen entstehen sollen.“ (Auszug aus: Welche Marktwirtschaft für Europa? –Transport n° 15, 27. September 1991)
Somit entstand eine grundlegend neue Lage für das luxemburgische Eisenbahnwesen. So, dass es schon betriebsintern bei der CFL Bemühungen gab, Grundsätze für eine Statutenreform der nationalen Eisenbahngesellschaft auszuarbeiten, die mit der neuen Regelung konform sind.
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Parallel zu den Tripartite-Verhandlungen betreffend die Statutenreform der Eisenbahn bahnte sich ein weiterer Sozialkonflikt an. Stein des Anstosses war die Erklärung der damaligen CSV-LSAP-Regierung vom 22.7.1994. Diese hatte sich bereit erklärt, eine groß angelegte Rentenreform durchzuführen.
Ursprünglich wurde diese Regierungserklärung als Chance gewertet, die Ungleichheiten der Renten zwischen dem Privat- und öffentlichem Sektor auf ein Minimum zu reduzieren. So verstand es zumindest auch der damalige SYPROLUX-Präsident Tun Rassel:
“In der Regierungserklärung vom 22.7.1994 konnte man lesen, dass die Regierung ihre Politik der Annäherung der Pensionen der beitragspflichtigen und nicht beitragspflichtigen Régime fortsetzen werde. Aufgrund dieser Aussage hatten wir angenommen, dass durch die Verbesserung der Renten des Privatsektors, diese näher an diejenigen des öffentlichen Regimes herangeführt würden.” (Auszug aus: Tun Rassel – Die Entwicklung seit 1991 – SYPROLUX 1922–1997)
Auch in den Tripartite-Sitzungen über die Bahnreform wurde bis dato von Regierungsseite versichert, dass das Eisenbahner-Pensionsreglement beibehalten werden sollte, und dies obwohl es von gewerkschaftlicher Seite Befürchtungen gab, dass die Bemühungen etlicher Mitglieder der CFL-Leitung, die Gesellschaft in eine Aktiengesellschaft umzuwandeln, zu einer Unterwanderung des Eisenbahnerstatuts führen könnte, und somit zum Auflösen des betriebseigenen Pensionsreglement:
“Ein weiteres Mal wurde durch Finanzminister JeanClaude Juncker bestätigt, dass die Kapitel Personalstatut und Pensionsreglement als für uns im günstigsten Sinne abgehackt zu gelten hätten” (Auszug aus:Das Diktat der Regierung ist unannehmbar – Transport n°19, 20.10.1995)
30.000 Teilnehmer folgen Protestmarsch
Und so kam es, wie angekündet, zum großen Protestmarsch vom 24. Oktober 1995. Etwa 30 000 Bedienstete des öffentlichen Sektors folgten dem Aufruf der unterschiedlichen Gewerkschaften und marschierten durch die Hauptstadt, um ihre Unzufriedenheit gegenüber der Vorgehensweise der Regierung Ausdruck zu verleihen.
Die Anführer der Demonstration, die der CGFP angehörten, begrüßte die Einheit der Bediensteten des öffentlichen Sektors und der Eisenbahn in diesen schwierigen Zeiten. Und es bestand eine Hoffnung, dass die überwältigende Anzahl an Teilnehmer die Regierung dazu bringen würde, ihre Pläne in Bezug auf die Pensionsreform zu überdenken.
In einer ersten Phase schien aber die Regierung fest an ihrem Reformkurs zu halten, so wie SYPROLUX – Präsident Tun Rassel es feststellen musste:
“Am 30. Oktober 1995, demnach mitten im Sozialkonflikt im öffentlichen Sektor hatte die Ministerin für soziale Sicherheit der Presse eine Studie betreffend die Entwicklung der Pensionsregime vorgestellt, ohne dass vorher die Gewerkschaften, davon in Kenntnis gesetzt worden waren. Die Generalinspektion der Sozialen Sicherheit hat sich in der Studie nicht nur auf eine Bestandsaufnahme beschränkt, sondern hat auch Projektionen über die kommenden 20 Jahre erstellt, die zeigen sollten, dass eine Reform sich aufdrängt“ (Auszug aus: Tun Rassel: Die Entwicklung seit 1991 – SYPROLUX 1922–1997)
Jedoch schien es, dass die überwältigende Teilnehmerzahl der Demonstration die Regierung dazu gezwungen hat, Verhandlungsrunden mit den Gewerkschaften zu organisieren, um eine Lösung im Sozialkonflikt zu finden. Somit fanden zwei Treffen statt. Das erste am 7. November 1995, das zweite am 14. November 1995. In Folge dieser Verhandlungsrunden hatte sich die Regierung bereit erklärt, einige Verbesserungen zu Gunsten der Bediensteten im öffentlichen Dienst und der Eisenbahner im Reformprojekt durchzuführen. Jedoch war diese nicht gewillt, ihre Position zur Abschaffung der Péréquation aufzugeben, welche so zum Zankapfel zwischen Regierung und Sozialpartnern wurde....
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Die weiteren Etappen der Liberalisierung der Eisenbahnen in Europa (2001–2016)
Die Veröffentlichung der Direktive 440/91 der europäischen Kommission im Jahre 1991 war der Beginn eines lang anhaltenden und oftmals negativen Wandels des europäischen Eisenbahnsektors. Um der, in der Direktive geforderten, buchhalterischen Trennung von Betrieb und Infrastruktur Rechnung zu tragen, mussten grundlegende Änderungen innerhalb der nationalen Eisenbahngesellschaften umgesetzt werden.
Die Gewerkschaften sahen in dieser Liberalisierungstendenz eine Gefahr für die Einheit der betroffenen nationalen Eisenbahngesellschaften, und äußerten Bedenken in Bezug auf die Sicherheit im europäischen Bahnverkehr, wenn es zur vorgenannten Trennung kommen sollte.
Des Weiteren sollte man nicht vergessen, dass bis dato die europäischen Staatsbahnen weitgehend in einer gesunden Kooperation zusammenlebten. Wettbewerb war daher unter den Bahnen eher die Ausnahme.
In diesem Sinne kam es zu mehreren Protestaktionen seitens der Gewerkschaften quer durch ganz Europa.
In Luxemburg hingegen sollte es noch möglich sein, die nationale Eisenbahngesellschaft CFL als integrierten Betrieb beizubehalten, indem man 1995 eine interne Reform aufgleiste. Die verschiedenen Dienststellen für Betrieb und Infrastruktur wurden jeweils einer eigenen Direktion unterstellt. Des Weiteren wanderte die gesamte Eisenbahninfrastruktur in die Hände des Luxemburger Staates. Der wiederum gründete ein unabhängiges “Département”, welches einen nicht geregelten und freien Zugang zu besagter Infrastruktur zu gewährleisten hatte.
Nach all diesen Umstrukturierungen und Reorganisationen dachte man, dass die EU-Kommission es bei dieser Etappe der Liberalisierung belassen würde. Doch dies erwies sich als Trugschluss. Die europäische Kommission hatte längst die Liberalisierung des Frachtverkehrs auf der Schiene im Visier, frei nach dem Prinzip der freien Bewegung von Gütern in der Union.
Das 1. Eisenbahnpaket
Am 26. Februar 2001 wurde die Direktive 2001/12/ EC veröffentlicht, die in einzelnen Punkten die frühere Verordnung 440/91 aus dem Jahre 1991 ablöste. Hier ging es um die Öffnung des Güterverkehrs für private Betreiber mittels Ausschreibung.
Die Gewerkschaften gaben zu bedenken, dass eine solche Öffnung des Güterverkehrs zu ähnlichen Zuständen, wie die im Straßentransport führen könnte. Den Gewerkschaften war von Anfang an klar, dass die Schiene mit der Strasse, besonders mit Betreibern aus ehemaligen kommunistischen Länder Europas preislich nicht mithalten konnte im Frachtbereich. Die Schiene in direkte Konkurrenz zur Strasse zu stellen, war von Beginn an ein unfaires Verhältnis und die Gewerkschaften waren überzeugt, dass diese Umstände zu Lasten der Sicherheit und der Mitarbeiter gehen würde.
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Die voran schreitende Liberalisierung des Eisenbahnsektors in Europa hatte weitreichende Folgen. Obwohl es gelungen war in Luxemburg, die nationale Eisenbahngesellschaft weitgehend als integrierten Betrieb zu erhalten, blieben etliche Herausforderungen für die Eisenbahner an der Tagesordnung. Nach der Einführung der EU-Verordnung 440/19 und der Verabschiedung des 1. Eisenbahnpakets im Jahr 2001. erkannten die Gewerkschaften schnell, dass diese nur die ersten Schritte der Liberalisierung waren.
CFL-Zukunftsstrategie heizt Sozialkonflikt an
Unterdessen zogen dunkle Wolken über der CFL auf. Die Fronten verhärteten sich im Jahre 2003, als die CFL-Direktion eine Reihe Maßnahmen vorstellte, um die Konkurrenzfähigkeit der nationalen Eisenbahngesellschaft zu steigern. In diesem Zusammenhang stellte die CFL-Direktion ihre Visionen für eine neue wettbewerbsfähige CFL in ihrem Dokument “Zukunftsstrategie” vor.
Die vorgesehenen Maßnahmen waren jedoch keineswegs von Vorteil für die Eisenbahner. Das Dokument fußte größtenteils auf Kosteneinsparungen, welche u.a. durch Personalabbau und Einbußen bei der Entlohnung der Bediensteten erzielt werden sollten.
Ein weiteres, ausschlaggebendes Element, das den Sozialkonflikt anheizte, war die Abänderung der Generalorder N°3, welche die Laufbahnentwicklung und die Aufstiegsmöglichkeiten der Eisenbahner regelt. Die Abänderungen sahen Verschlechterungen im Bereich in der Entwicklung sämtlicher Laufbahnen und die damit verbundenen Aufstiegsmöglichkeiten bis hin zu einer gewissen Reduzierung des Jahresgehalts der Bediensteten.
Des Weiteren endeten die Debatten in Bezug auf den zukünftigen Personalbestand zwischen Gewerkschaften und CFL-Direktion in einer Sackgasse. Die Gewerkschaftsseite sah sich nicht in der Lage den reduzierten Personalbestand anzunehmen.
Trübe Aussicht für weitere Verhandlungen
Anfang 2003 kam es zu mehreren Verhandlungsrunden mit der CFL-Direktion. Mit grossem Bedauern mussten die Gewerkschaftsvertreter feststellen, dass die Obrigkeit keinen Deut von ihrem Kurs abweichen wollte.
Es handelte sich hier auch um ein politisches Kräfte messen. Der damalige Transportminister war Henri Grethen aus dem Lager der demokratischen Partei (DP) und dieser scheute nicht vor einem liberalen Mindset zurück. In anderen Worten wäre es ihm nicht weiter schwer gefallen öffentliche Dienstleistungen weitgehend zu liberalisieren bzw. auch zu privatisieren.
Trotz dem wenig wohlgesinnten Umfeld, versuchte die SYPROLUX-Delegation, gemäß dem Auftrag ihrer Basis, weiter mit der CFL-Direktion zu verhandeln. Denn man war sich vollends bewusst, dass ein Streik das allerletzte Mittel war, zu dem man greifen könnte um sich gegen die geplanten Maßnahmen zu wehren.
Doch die Verhandlungen erbrachten nicht das gewünschte Resultat. Im Gegenteil die Situation spitzte sich noch einmal zu in dem Moment, wo die CFL-Obrigkeit eine Reihe von Abmachungen, während einer Gesprächsrunde, unilateral für null und nichtig erklärte, wie z.B. Anpassungen in punkto Arbeitsbedingungen, auf die beide Seiten sich schon im Jahre 2001 verständigt hatten.
Ein Streik wurde so unumgänglich
Und am 9. Mai 2003 legten die Eisenbahner ihre Arbeit um 3 Uhr morgens für 24 Stunden nieder.
Die Mobilisierung war ein großer Erfolg: 86,54% der CFL-Belegschaft hatte an der Streikaktion teilgenommen, allen Einschüchterungsversuchen seitens des Arbeitgebers zum Trotz.
In Folge diesem starken gewerkschaftlichen Aufbegehren, blieb der Generaldirektion keine andere Wahl als die Verhandlungen mit den Gewerkschaften neu aufzunehmen. Doch dies bedurfte weiteren Drucks seitens der Arbeitnehmerseite, denn der Sozialdialog konnte nur auf Initiative der Gewerkschaften hin wieder aufgegleist werden.
Der Dialog verlief schleppend, die Verhandlungen waren zäh und schwierig, so konnten erst im Juni positive Ergebnisse verbucht werden.
Anlässlich der Sitzung der Zentraldelegation am 20. Juni 2003 kündigte die CFL-Direktion an:
• für sämtliche Dienststellen Personal einstellen zu wollen;
• die Laufbahn-Kriterien, die vor dem Sozialkonflikt vertraglich verabschiedet wurden, einzuhalten.
Gewerkschaftliche Ausdauer und Verhandlungsgeschick zahlten sich aus und so konnten bestehende soziale Errungenschaften erhalten bleiben.
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Seit der Ölkrise im Jahre 1973 war der Güterverkehr stets das Sorgenkind der CFL. Man kann nicht verneinen, dass der CFL Frachtbereich regelrecht abhängig von einem großen Kunden, namens ARBED, war. Dieser beförderte seine Stahlprodukte hauptsächlich mittels der Eisenbahn. Doch spätestens mit der Ölkrise wurde die Volatilität des Stahlsektors unübersehbar, denn es folgte ein massiver Einbruch des Transportvolumen, welcher über die Schiene abgewickelt werden sollte.
Schiene versus Strasse
Die hohen Betriebskosten des schienengebundenen Transportes wurden immer mehr zum Nachteil, da die Bahn der Strasse, mit ihren Teils (Dumping-)Preisen, wenig Paroli bieten konnte. Schon Ende der 1990er Jahre gab es Versuche, den Güterverkehr der Eisenbahn konkurrenzfähiger zu machen über die Gründung der Filiale EuroLuxCargo. Leider nur mit mäßigem Erfolg.
Und nach den ersten drei Eisenbahnpaketen und der frenetischen Liberalisierungswelle aus Brüssel, wurde die Lage des europäischen und auch des luxemburgischen Frachtbereichs immer kritischer.
Der Beitritt zahlreicher osteuropäischer Staaten in die EU sorgte für weitere Konkurrenz im Güterverkehr über die Schiene.
Dies hatte zur Folge, dass sich immer mehr politische Stimmen in Luxemburg erhoben und verlangten diesen hoch defizitären Güterverkehr der CFL entweder komplett abzuschaffen oder an eine der Eisenbahngesellschaften der Nachbarländer abzutreten.
Rund ein Drittel der Arbeitsplätze in Gefahr
Den kompletten Güterbereich der CFL kam für die Gewerkschaften nicht in Frage. Schließlich standen hier rund ein Drittel der Arbeitsplätze bei den CFL auf dem Spiel, was den sozialen Frieden ungemein auf die Probe stellen würde. Des Weiteren war der SYPROLUX der Meinung, dass das Unternehmen CFL, sowie das Land Luxemburg, es sich nicht leisten könnten ihren nationalen Frachtbereich aufzugeben.
Eine Eisenbahntripartite musste her
Schon im Jahre 2003 forderte der SYPROLUX im Rahmen voran schreitenden Liberalisierungsmechanismen der EU-Kommission im europäischen Eisenbahnsektor, die Einberufung einer Tripartite zwischen Gewerkschaften, CFL-Direktion und Regierung.
Leider musste man sich bis nach den Parlamentswahlen von 2004 in Geduld üben. Doch dann griff die CSV-LSAP-Regierung unter Jean-Claude Juncker, die Idee des SYPROLUX auf und schrieben sie in ihr Koalitionsabkommen nieder. Somit wurde ein positives Signal an alle Eisenbahner gesendet. Jetzt hieß es Abwarten bis dieses Vorhaben in die Realität umgesetzt würde....
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Um den Fortbestand des CFL-Güterverkehrs zu gewährleisten, mussten die Gewerkschaften einer Joint Venture zwischen den CFL und Arcelor zustimmen. Auch wenn dies nur zähneknirschend und mit der Faust in der Tasche geschah. Nun verfügte man über einen Rahmen und ein Reformpaket. Jetzt stand die Umsetzung des Ganzen auf der Tagesordnung.
Und als ein wichtiger Baustein war hier die Gründung der CFLcargo, die aus der Joint Venture zwischen der CFL und Arcelor hervorging.
Mittal Steel tritt auf den Plan
Anfang 2006 zum Eklat erfuhr die Öffentlichkeit über die Presse, dass der indische Stahlkonzern Mittal Steel ein Auge auf Arcelor hatte und konkrete Pläne für deren Kauf hatte. Dieser Plan warf natürlich zahlreiche Fragen auf, insbesondere was die Joint Venture mit der CFL anbelangt. Die Lage war umso kritischer, da Arcelor sich eine solche Übernahme durch Mittal Steel sträubte. Des Weiteren hatten Arcelor und CFL eben erst am 16. März 2006 den “pacte d’actionnaires” der neuen Filiale CFLcargo unterzeichnet.
Doch als ein weiteres “Angebot” für die Übernahme Arcelors vom russischen Stahlkocher Severstal auf dem Tisch lag, musste Arcelor im Juni 2006 schließlich reagieren. So entschied sich der luxemburger Stahlkonzern die OPA (offre d’achat publique) von Mittal Steel anzunehmen, nachdem dieser sein Angebot für die Übernahme erhöht hatte.
Gründung von CFLcargo besiegelt
Im Oktober 2006 kam es dann zur endgültigen Gründung der CFL-Cargo, nachdem die europäische Kommission ihre Einwilligung zu diesem Projekt gegeben hatte.
Die Unterzeichnung der offiziellen Gründungsakten, die für den 11. Oktober 2006 vorgesehen war, musste wegen des schweren Eisenbahnunglücks in Zoufftgen auf den 17. Oktober 2006 vertagt werden. (siehe Schwarze Stunden für Belegschaft und Betrieb)
Somit erfolgte die Inbetriebnahme der neuen Filiale CFLcargo Anfang 2007. Sie übernahm alle Aktivitäten der im Jahre 1998 gegründeten EuroLuxCargo, die im selben Zuge aufgelöst wurde.
Die Inbetriebnahme der CFLcargo im Jahre 2007 geschah im Kontext der kompletten Liberalisierung des europäischen Schienengüterverkehrs. Demnach begann die Feuertaufe für die Filiale gleich am ersten Tag, denn sie durfte keine Zeit verlieren, um ihre Position in einem Wettbewerbsumfeld zu finden.
Heute rund 15 Jahre nach der Gründung er CFLcargo verfügt die CFL-Tochtergesellschaft über Filialen in Frankreich, Deutschland, Schweden und Dänemark. Sie mischt über die Gesellschaft “Lorry-Rail” kräftig im Geschäft der sogenannten „autoroutes ferroviaires“ ab dem Terminal in Bettemburg mit. Schlussendlich muss man aus Gewerkschaftssicht anerkennen, dass CFLcargo eine wahre Success-Story ist. Dieser gemeinsame Kompromiss, bei dem jede Seite Wasser in seinen Wein schenken musste, stellt ein klarer Beweis für einen effizienten und ehrlichen Sozialdialog bei der luxemburgischen Eisenbahn dar....
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Sicherheit umfasst nicht nur Betriebs- und Arbeitssicherheit, sondern auch die Sicherheit am und um den Arbeitsplatz herum. Des Weiteren existiert auch ein individuelles Sicherheitsgefühl, sowohl für einen Mitarbeiter als auch für einen Kunden. Dieses lässt sich aber nur schwer messen bzw. an konkreten Punkten festhalten. Und doch ist es ein Aspekt, den man, auch als Gewerkschaft, nicht außer Acht lassen kann. Hier gilt es im Bereich der Prävention zu agieren und dafür zu sorgen, dass ein so großer Betrieb, wie die CFL, ihre soziale Verantwortung innerhalb der Gesellschaft an sich wahr nimmt.
Die erste Mission der Eisenbahn ist es, Menschen sicher und pünktlich von einem Punkt zum anderen zu bringen. Die Kundschaft kann so verschieden, wie auch eigenartig sein. Der Eisenbahner steht jedem zur Verfügung in guten und in schlechten Tagen. Doch kann nicht geleugnet werden, dass in den vergangenen Jahren die Gewalt im öffentlichen Transport zu einem wahren Problem geworden ist. Erschreckend ist die Tatsache, dass die Hemmschwelle zur Gewalttat unaufhaltsam sinkt. Meistens trifft der angestaute Ärger die Mitarbeiter, die in direktem Kontakt mit der Kundschaft sind, sprich: die Zugbegleiter, die Aufsichtsbeamten, die Schalterbeamten und die Busfahrer.
Im Jahr 2006 kam es zu wiederholten tätlichen und verbalen Übergriffen dem CFL-Personal gegenüber, und zwar in einem Maß, dass die Gewerkschaften, diese Situation nicht mehr hinnehmen konnten und wollten. Doch damals begannen Politik und CFL-Obrigkeit diese Problematik erstmals zu entdecken.
Jetzt war das Maß voll
Am Nikolaustag des Jahres 2006 wurde eine Zugbegleiterin der Art von einem «Kunden» angegriffen, dass am 07. Dezember 2006 ein Warnstreik stattfand. Die Züge fielen zwischen 10:45 Uhr und 12:45 Uhr aus. Trotz der Ausfälle zeigte die CFLKundschaft Verständnis gegenüber der Streikaktion, denn sie ist schließlich auch von Gewalt im öffentlichen Raum betroffen.
Infolge dieses Warnstreiks kam es zu einer ganzen Reihe von Reaktionen seitens der Politik und der CFL-Direktion. Auf politischer Ebene gründete man eine Plattform, die aus Vertretern aller Gewerkschaften aus dem ÖPNV, der Transportträger, der Polizei und der Kundenvereinigungen und des Transportministeriums zusammengesetzt ist. So entstand das spätere “Comité de pilotage de la sécurité dans les transports publics“, welches heute noch unter der Verantwortung des Mobilitätsministeriums steht. 2008 wurde das erste Gesetz zur Sicherheit im ÖPNV verabschiedet, welches unter anderem die Wegweisung aus dem öffentlichen Transportmittel vorsah.
Datenbank und „constat incident sûreté”
Besonders hervorzuheben ist die Rolle der CFL, welche als erster Transportträger eine Datenbank erstellt hat, um sämtliche Vorfälle, Delikte, unangemessenes Verhalten, tätliche und verbale Übergriffe, mittels eines Formulars zu erfassen. Und heute gebrauchen sämtliche Transportträger den sogenannten „Constat d’incident sûreté“ (CIS). Die CFL wertet indes das gesamte Datenmaterial aus.
Ausbildung und Opferbetreuung
CFL-intern wurde für die Mitarbeiter, die in direktem Kontakt mit dem Kunden stehen, Ausbildungen zur Deeskalation und Konfliktlösung eingeführt. Besonders wichtig für die Gewerkschaften war, dass ein Opfer eine adäquate Betreuung erhält, und zwar auf medizinischem, psychologischem und juristischem Plan. Der SYPROLUX arbeitete sehr eng mit den CFL-Verantwortlichen an diesem Betreuungsprozess. Als Sozialpartner hat man ebenfalls erreicht, dass bei einem “Dépôt de plainte” das Opfer die Adresse der CFL angeben kann. Dies gibt dem Opfer einen gewissen Schutz und verringert die Hemmschwelle, einen Täter anzuzeigen.
Bauliche Maßnahmen und Kameraüberwachung
Um das Sicherheitsgefühl von Mitarbeitern und Kunden zu verstärken, wurde ein kompletter Ak-
tionsplan erstellt, mit etlichen technischen Maßnahmen, wie z.B. etwaige tote Winkel durch Spiegel in Unterführungen zu umgehen; die Verbesserung der Belichtung an Haltestellen und in Unterständen (abri).
Ein heikles Thema war hingegen die Einführung von Sicherheitskameras. Hier galt es sicherzustellen, dass man den Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz beschützt und nicht in einen Kontrollmechanismus des Mitarbeiters verfällt. Doch auch in diesem Punkt zogen die Gewerkschaften mit. Die Bedingung war, dass die Sozialpartner stets im Vorfeld informiert werden, an welchen Stellen zusätzliche Kameras installiert werden. Die nötige Videozentrale wurde im selben Zug aufgebaut. Im Jahr 2021, verfügte das CFL-Netz über 880 Kameras in Bahnhöfen und Haltestellen. Zug- und Busflotte sind ebenfalls mit Kameras ausgerüstet. Besonders wichtig zu erwähnen ist die Tatsache, dass das Sichten von Videomaterial auch nach einem eigenen Prozedere abläuft, bei dem ein Personalvertreter immer anwesend sein muss.
Pôle sociétal
Des Weiteren arbeitete der SYPROLUX intensivst an der Schaffung eines sogenannten „pôle sociétal“, mit. Dies ist eine Anlaufstelle, wo Obdachlose, Drogenabhängige oder sonst etwas verlorenen Menschen aufgenommen und an weitere Hilfsstellen weitergeleitet werden. Seit 2016 hat der „Para-Chute“ seine Türen aufgemacht. Bis zu 150 Personen werden hier täglich betreut. Die Struktur besteht aus einer Zusammenarbeit zwischen den CFL, der Stadt Luxemburg, dem Familienministeriums und der Caritas.
Kein Rückgang der Vorfälle, bestenfalls eine Stagnation auf hohem Niveau
Trotz aller Bemühungen jeglicher Natur ist die Gewaltbereitschaft im ÖPNV über die Jahre hinweg weiter angestiegen. Am 20. Mai 2011 kam es zu einer weiteren Protestaktion im Bahnhof Luxemburg. Denn in den ersten vier Monaten des Jahres zählte die CFL schon 76 Übergriffe. Und wieder pilgerte man zum Polizei- und Transportminister, damit weitere Maßnahmen zum Schutz von Belegund Kundschaft getroffen werden sollten. Die CFL ihrerseits setzte auf eine verstärkte Begleitung der Züge durch externe Wachdienste.
Sogar während der Corona-Pandemie verbesserte sich die Lage nicht wesentlich. Der Hauptgrund für Übergriffe war das Nichteinhalten der Maskenpflicht im ÖPNV. Einer der bis dato schwersten Übergriffe ereignete sich am 16. März 2019 im
Bahnhof Oetringen. Der Zugbegleiter wurde durch einen gezielten Faustschlag des Täters außer Gefecht gesetzt. Der Lokführer, der seinem Kollegen zu Hilfe kommen wollte, wurde von mehreren Tätern aus dem Zug gedrängt und auf dem Bahnsteig zusammengeschlagen. Es war ein schlimmer Fall, der nicht nur ein Mitglied des SYPROLUX traf, sondern ein grenzenloses Beispiel an Brutalität an den Tag legte. Von den psychologischen Konsequenzen für die beiden Opfer mal abgesehen. Im Prozess wurden für den Hauptbeschuldigten 60 Monate Haft und 88.000€ Schmerzensgeld gefordert. In diesem Fall hatte die „association des assurances accidents“ (AAA) erstmals in einem CFL-Fall ebenfalls Klage geführt.
Doch der SYPROLUX will die Gewaltbereitschaft nicht als Fatalität akzeptieren und hat dazu auch eine konkrete Vorstellung...
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Wenn der Musterschüler zum Verlierer wird
Die Reform im öffentlichen Dienst des Jahres 2015 war für die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner kein gutes Geschäft. Nur zur Erinnerung, der CFL-Personalstatut ist an den der Staatsbeamten angegliedert. Dies bedeutet, dass wenn es zu Abänderungen in deren Statut kommt, die eine gewisse Tragweite haben. Diese müssen über die “Commission Paritaire” bei den CFL sozusagen auf “eisenbahnerisch” übernommen werden. Doch, bei dieser grundlegenden Reform verhandelten die Sozialpartner, anders als bei den Reformen zuvor, auf einer noch nicht verabschiedeten Gesetzesvorlage und vor allem unter großem Zeitdruck seitens der Regierung.
Zeitdruck seitens der Regierung
Verhandlungen unter Zeitdruck zu führen, bringen selten gute Resultate. Denn der Teufel liegt im Detail, sprich in der Umsetzung gesetzlicher Texte.
Es war klar, dass es der Regierung dabei um Einsparungen ging. Für die CFL hieß dies eine Verlängerung der “Stagezeit” auf drei Jahre. Eine Kürzung der Anfangsgehälter während der “Stagezeit” und zwar auf 80% die beiden ersten Jahre und auf 90% das dritte Jahr. Sämtliche Laufbahnen wurden gleichgeschaltet in puncto Dauer, der beruflichen Entwicklung und der Aufstiegsmöglichkeiten.
Für viel Zündstoff sorgte vorwiegend, dass man nicht nur die sogenannten “grades de substitution” abschaffte, sondern in der Handwerker- und der unteren Laufbahn einen zusätzlichen Aufstiegsgrad (grade de promotion) wegradierte. An deren Stelle traten die sogenannten “postes à responsabilité particulière”, welche 15% der Belegschaft nicht übersteigen durften.
Die Reform im öffentlichen Dienst des Jahres 2015 war für die Eisenbahnerinnen und Eisenbahner kein gutes Geschäft. Nur zur Erinnerung, der CFL-Personalstatut ist an den der Staatsbeamten angegliedert. Dies bedeutet, dass wenn es zu Abänderungen in deren Statut kommt, die eine gewisse Tragweite haben. Diese müssen über die “Commission Paritaire” bei den CFL sozusagen auf “eisenbahnerisch” übernommen werden. Doch, bei dieser grundlegenden Reform verhandelten die Sozialpartner, anders als bei den Reformen zuvor, auf einer noch nicht verabschiedeten Gesetzesvorlage und vor allem unter großem Zeitdruck seitens der Regierung.
Doch in der Hektik dieser Zeit waren den Sozialpartnern die weitreichenden Konsequenzen nicht so bewusst, bzw. wurden eine Reihe von Fallstricken übersehen.
Neue Führung im RH
Nun wurde 2015 bei den CFL eine Arbeitsgruppe zusammengestellt unter der Federführung des neuen RH-Direktors, Yves Baden. FCPT-Präsident, Paul Gries und SYPROLUX-Präsidentin Mylène Bianchy lösten Fernand Heinz und Jean-Paul Schmitz ab. Für gegenseitiges Herantasten blieb nicht viel Zeit. Die Generalorder N°3, welche die Examina und die Laufbahnentwicklungen regelt, musste angepasst werden.
SYPROLUX plädierte für Promotionsexamina in regelmäßigen Abständen
Den SYPROLUX-Vertretern wurde schnell bewusst, dass diese Reform die berufliche Entwicklung zahlreicher aktuellen und künftigen Eisenbahnerinnen und Eisenbahner belasten würde. Denn die eigentliche Bremse in der Laufbahnentwicklung war nicht die Einführung der “postes à responsabilité particulière”, sondern der Strich
zwischen dem “niveau général” und dem “niveau supérieur”, der bei den Aufstiegsexamen (examen de promotion) gezogen wurde. Daher forderte der SYPROLUX von Anfang, dass eine Mindestfrist für das Abhalten von Promotionsexamen in die Generalorder N°3, bzw. in das Personalstatut niedergeschrieben werden müsste. Leider wurde dieser Forderung nicht Rechnung getragen.
Die Zahl 323
In der Laufbahn der Lokführer war vorgesehen, diese bei 311 Punkten abzuriegeln, eine schwere Einbuße für die Kollegen und Kolleginnen. Der SYPROLUX wehrte sich bis zuletzt und rezitierte bei jeder Gelegenheit sein Mantra der 323 Punkte. Am Ende der Diskussionen stimmte der RH-Direktor der Forderung des SYPROLUX zu. Ein Punktsieg für den SYPROLUX, wenn auch dieser nicht alles wett machen konnte.
Ein Maximum an “postes à responsabilité particulière” herausgeschlagen
Da zwischenzeitlich die “postes à responsabilité particulière” an Posten und nicht mehr an Grade bzw. Mitarbeiter gekoppelt waren, galt die Maxime so viele Ernennung im “alten Regime” durchzusetzen. Dies ist den Gewerkschaften auch gelungen, besonders für die Grade I/5, I/6 und A/6.
Die CFL war fristgerecht zur Umsetzung bereit
Die CFL war der erste parastaatliche Betrieb, der die Reform des öffentlichen Dienstes umgesetzt hat. Die meisten Verwaltungen des Staates, darunter auch die Polizei, waren meilenweit von einer Einführung entfernt und spielten auf Zeit. So wurde der Musterschüler CFL zum Verlierer und büßte viel in diesem Moment an Attraktivität ein.
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Das 4. Eisenbahnpaket
Der Liberalisierungshunger der EU-Kommission war noch immer nicht vollends gestillt. Die Brüsseler Technokraten hatten weitere Ideen aus ihren Schubladen hervor geholt
In diesem Zuge hatte die EU-Kommission im Jahre 2013 etliche Vorschläge für ein viertes Eisenbahnpaket vorgestellt.
Die Vorschläge griffen nach den letzten Bastionen des Eisenbahnsektors:
• die Öffnung des nationalen Personenverkehrs für die europäischen Konkurrenz,
• die Trennung von Netz und Betrieb (ein Hauptanliegen der EU-Kommission seit der ersten Liberalisierungsverordnung 1991).
Rechnung ohne die Wirte gemacht
Beide Maßnahmen waren nicht nur ein Dorn im Auge der Eisenbahngewerkschaften, sondern auch in dem der luxemburgischen Regierung. Denn diese war sich der verheerenden Konsequenzen bewusst, was eine solch umfangreiche Liberalisierung für das Luxemburger Eisenbahnnetz bedeuten könnte und zwar den möglichen Einzug ausländischer Transportanbieter auf das nationale Netz. Und sollte es, bedingt durch einen vermehrten Verwaltungsaufwand, tatsächlich zur administrativen Trennung von Betrieb und Infrastruktur kommen, wäre dies klar zum Nachteil eines kleinen Netzes wie das der CFL.
Ein politische Initiative war unumgänglich. So tagte im Oktober 2015 der luxemburgische Transportminister François Bausch zusammen mit seinen Amtskollegen der BENELUX-Staaten, wie auch anderer kleinere Europastaaten. Eine Kompromisslösung wurde gefunden für die zukünftige Umsetzung des vierten Eisenbahnpakets.
Es wurde entschieden, dass kleinere Netze sich nicht der Verpflichtung, ihren nationalen Personenverkehr europaweit auszuschreiben, stellen müssen. Auch die Trennung von Betrieb und Infrastruktur sollte in kleineren Ländern nicht zur Anwendung kommen.
Schlussendlich verabschiedete das EU-Parlament Dezember 2016 das vierte Eisenbahnpaket. Folgende Punkte wurden indes von den Gewerkschaften begrüßt:
• das Wegfallen der Trennung von Netz und Betrieb;
• das Streikrecht soll nicht angetastet werden;
• die Fahr- und Ruhezeiten der Lokführer sollen kontrolliert werden;
• die Schaffung einer europäischen Eisenbahnbehörde, welche den Zugang zu den Eisenbahnnetzen und die Zulassung von Eisenbahnmaterial regelt.
Dass die europäische Kommission sich dazu bereit erklärte, solche Abänderungen in Bezug auf ihren ursprünglichen Liberalisierungsplan zuzulassen, ist ein Beweis, dass gezielte gewerkschaftliche Aktionen und intensives Lobbying bei politischen Verantwortlichen ihre Früchte zum Wohle der Eisenbahnbelegschaften tragen können.
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Unfall in Bettemburg am 14 Februar 2017
Diesen Valentinstag sollte so schnell kein Eisenbahner vergessen, wenn überhaupt. Am 14. Februar 2017 wurde der gleiche Streckenabschnitt wieder zum Schauplatz einer Katastrophe. Nur wenige Kilometer von der Unfallstelle von 2006 entfernt, kollidierte ein aus Luxemburg-Stadt kommender Personenzug mit einem aus Frankreich kommenden Güterzug. Da jegliche Passagiere in Bettemburg ausgestiegen waren, verblieben lediglich der Zugführer und die Zugbegleiterin im Personenzug.
Der Zugführer überlebte den Aufprall nicht, die Zugbegleiterin wurde leicht verletzt. Der Lokführer des Güterzugs konnte in den hinteren Teil der Zugmaschine zurückweichen und erlitt schwere Verletzungen. Dieser Aufprall war heftig, die Unfallstelle aber weniger chaotisch als damals in Zoufftgen.
Die Rettungskräfte waren binnen weniger Minuten vor Ort und begannen mit den Bergungsarbeiten. Der Hilfszug der CFL war ebenfalls vor Ort. SYPROLUX-Präsidentin, Mylène Bianchy und FCPT-Präsident, Paul Gries fuhren umgehend zum Unfallort. Dort angekommen sah man auf der Höhe beider Lokkabinen nur noch in sich verkeilte Metallstücke und es herrschte eine unglaubliche Stille. Diese wurde nur durch emsiges und unglaublich professionelles Arbeiten beherrscht. Die Sorge der beiden Gewerkschafter galten dem Lokführer, welcher zu diesem Zeitpunkt noch nicht gesichtet worden war und den Kollegen vor Ort, von denen viele sich in die Vergangenheit zurückversetzt sahen, damals in Zoufftgen.
Nach den Bergungsarbeiten begannen die Eisenbahner die Strecke zu räumen. Im Akkord schafften sie es, die Strecke binnen einer Woche wieder befahrbar zu machen. Währenddessen startete die Ermittlung, rund um die Unfallursache. Noch am selben Tag stellte sich heraus, dass der Personenzug mit überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war und ein Vorsignal missachtet hatte. Diese Erkenntnis führte dazu, dass sich die französischen Zugführer weigerten, weiter nach Luxemburg zu fahren, da sie ihre Sicherheit gefährdet sahen. Des weiteren beschuldigten die französischen Gewerkschaften, dass Sicherheitsstandards in Luxemburg kaum eingehalten werden und es regelmäßig zu Geschwindigkeitsübertretungen käme.
Der SYPROLUX übte Kritik an diesen Spekulationen in den sozialen Medien und empfand die Schuldzuweisungen aus den Reihen der französischen Gewerkschaften an die CFL-Eisenbahner sogar als “Dolchstoß”. Die Anschuldigungen hätten “kaum etwas mit der Realität” zu tun. Stattdessen appellierte die Gewerkschaft an “Vernunft und Verantwortungsgefühl” um unüberlegte Äußerungen zu vermeiden: “Klare Antworten wird es erst geben, wenn die Justiz ihre Untersuchungen abgeschlossen hat”.
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Angesichts der steigenden Zahl der Übergriffe angesichts von Mitarbeitern und Kunden im ÖPNV, schaute der SYPROLUX schon 2016 über die Grenzen hinweg, um eventuelle Lösungsansätze zu finden. Der traditionelle „agent de police de chemin de fer“ wurde im Laufe der Jahrzehnte abgeschafft. Die Wegweisung aus dem ÖPNV war nur zeitlich begrenzt, die benötigten Kontrollmechanismen nicht vorhanden. Und beim Justizminister brauchte man erst gar nicht nach einem Platzverweis zu fragen. Eine interne Sicherheitsmannschaft bei den CFL erbrachte nicht den gewünschten Erfolg und Zugbegleiter wären in den Augen des SYPROLUX nicht dazu bestimmt als Hilfssheriff zu fungieren.
Nos amis, les belges
So knüpfte man Kontakte zur belgischen Polizei. Diese verfügte nämlich schon seit dem Jahre 2001 über eine spezifische Einheit namens « Police des chemins de fer et du métro belge». Die Missionen dieser spezifischen Einheit lassen sich wie folgt zusammenfassen:
«La Police des chemins de fer est un service de police spécialisé chargé de : la sécurité, la qualité de vie, et l’appui policier dans le cadre du transport de personnes et de biens par rail avec l’ambition d’être un partenaire fiable et expert pour : les usagers, les sociétés de transport et les autres services de police ou de sécurité. ». Diese Einheit zählte 2016, 632, Polizisten und war auf 11 Standorte verteilt. Für den SYPROLUX war dies die Lösung per se.
Mit dem Pilgerstab unterwegs
So stellte man ein komplettes Dossier zusammen und pilgerte zu den zuständigen Ministerien, zu den politischen Parteien, zum "Comité de pilotage sécurité dans les transports publics", zur CFL-Direktion und nicht zuletzt zur Police Grand-Ducale. Die Idee an sich fand Anklang querbeet. Doch wie so oft sollte es am nötigen Personalbestand hapern, diesmal bei der Polizei.
Auf der Suche nach der "masse critique"
Als SYPROLUX war man sich bewusst, dass Gewalt mittlerweile zu einem Gesellschaftsphänomen mutiert war und man sich nicht nur auf den Zug, sprich die CFL, beschränken sollte. Und mit den steigenden Passagierzahlen im Zug, der Einführung der Tram und den Bemühungen der Politik den Individualverkehr zu erschweren, sah man als SYPROLUX die sogenannte „masse critique“ für solch eine Einheit erreicht.
Deshalb formulierte man die Forderung dahin gehend um, dass man als SYPROLUX eine Polizeieinheit für den gesamten öffentlichen Transport fordere, in etwa nach dem gleichen Schema wie die Polizei über eine „police routière“ verfügt.
Und Ende März 2019 kündigte der Transportminister, François Bausch, der zu diesem Zeitpunkt auch die Polizei als Ressort unter sich hatte, an während eines offiziellen Treffens, eine solche Einheit in einer nahen Zukunft schaffen zu wollen. Die selbstverständlich auf die Bedürfnisse unseres Landes zugeschnitten sei. Laut Minister Bausch Aussage habe er das vom SYPROLUX zusammengestellte Dossier des belgischen Modells analysiert und sei der Meinung, dass solch eine Einheit auch Sinn für Luxemburg ergebe.
Für den SYPROLUX demnach ein Punktsieg.
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Anlässlich der Wahlen im Oktober 2018 forderten sechs Parteien – darunter die drei Regierungsparteien (DP-LSAP-Déi Gréng) – die Einführung des kostenlosen öffentlichen Transports. Mit der Wiedereinführung der bereits bestehenden Regierungskoalition wurde der kostenlose öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) als „Soziale Maßnahme“ in den Koalitionsvertrag aufgenommen.
„Packt euren Gratis-Transport ein, wir wollen ihn nicht!“,
forderte der SYPROLUX am 25. November 2018, während dem die Koalitionsverhandlungen noch nicht abgeschlossen waren. Diese forsche Aussage rührte daher, dass zu dem Zeitpunkt aufgrund sinkender Verkaufszahlen, Gebrauch von Fahrkartenautomaten und Einführung digitaler Tools zum Kauf von Tickets, man erneut mit einer Welle von Schalterschließungen in der Fläche konfrontiert war. Des Weiteren zermürbte die Umsetzung der Reform des öffentlichen Dienstes von 2015 Personal und Sozialpartner. Diese Reform, welche die CFL als erste, gemäß dem Gesetz, umgesetzt hatte, beinhaltete tiefe Einschnitte in unsere Laufbahnentwicklungen. Weitere Einbußen bei den Anfangsgehältern (die 80-80-90-Regel) und die Verlängerung der Stage-Zeit auf drei Jahren, führten dazu, dass die CFL an Attraktivität für potenzielle neue Eisenbahner verlor, die dringend benötigt wurden.
Diese urplötzliche Hervorhebung dieser Maßnahme verwunderte den SYPROLUX. Denn zuvor, in zahlreichen Gesprächen mit den verschiedenen Parteien, war der Gratis ÖPNV nie Thema gewesen.
Nach der ersten Empörung folgte die Sorge
Der SYPROLUX hatte von Anfang an die Sorge, dass die Einführung eines Gratis ÖPNV, den Wert dieser Dienstleistung mindern würde. Befürchtet wurde ein Anstieg von Vandalismus und Übergriffen auf das Personal sowie ein Autoritätsverlust des Zugbegleitpersonals.
Der Kauf einer Fahrkarte verpflichtete den Kunden zur Einhaltung der Regeln des ÖPNV. Bei Nichtbeachtung hatte das Zugbegleitpersonal die Möglichkeit, dem Kunden das Transportticket zu entziehen und ihn des Transportmittels zu verweisen. Durch den gratis ÖPNV wäre dies nicht mehr möglich.
Des Weiteren konnte man einen möglichen Personalabbau bei Schalter- und Zugbegleitpersonal nicht ausschließen und einen solchen würde der SYPROLUX „nicht mitmachen“. Die Gewerkschaft beharrte auf die menschliche Präsenz in Zügen, um weitere Geisterbahnhöfe zu verhindern.
Fadenscheinige Begründung
Der Versuch, den gratis ÖPNV als „Soziale Maßnahme“ darzustellen, wurde vom SYPROLUX als fadenscheiniges Argument kritisiert. Denn Luxemburg habe bereits einen preiswerten Tarif, der für viele Bedürftige zudem längst kostenlos sei. Diese und ähnliche Einschätzungen wurden auch vom Landesverband, der Presse und etlichen Experten geteilt.
Die angekündigten Pläne der Regierung wiesen mehr Fragen als Antworten auf. Qualität und Leistung riskierten, auf der Strecke zu bleiben. Und der Kunde wurde deutlich zum „User“ (Nutzer) degradiert.
Out of the blue oder eine Pressekonferenz der besonderen Art
Im Januar 2019 bestätigte der Transportminister die Einführung des gratis ÖPNV für Anfang 2020. Dies tat er mit einer groß angelegten Werbekampagne, die mit einer Pressekonferenz am 21. Januar 2019 eingeläutet wurde. Das Spektrum des Publikums war breit gefächert. Denn nebst zahlreichen Journalisten aus dem In- und Ausland, warteten auch Vertreter, bzw. Direktoren einer ganzen Reihe von Transportträgern auf die Erklärungen des Transportministers, François Bausch. SYPROLUXPräsidentin, Mylène Bianchy, wohnte dieser Pressekonferenz ebenfalls bei und es sollte sich nach einigen Gesprächen herausstellen, dass sämtliche Transportträger des Landes mit der Ankündigung der Einführung des gratis ÖPNV überrascht wurden. Vorgespräche hatten weder mit Sozialpartnern noch mit Transportträgern stattgefunden...
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Die Covid-19 Pandemie
Am 29. Februar 2020 meldete das Gesundheitsministerium in Luxemburg die erste Person mit einer Covid-19 Infektion. Daraufhin vermehrten sich die Fälle so rapide, dass die Gesundheitsministerin am 14. März bereits von einer kritischen Situation sprach, ein Todesopfer hatte das Virus auch schon gefordert. Am darauffolgenden Tag wurde in einer Pressekonferenz mitgeteilt, dass über Luxemburg ein “Lockdown” verhängt werden würde: Jegliche Lokale und Geschäfte, mit Ausnahme von Lebensmittelgeschäften, Apotheken etc. sollten auf unbestimmte Zeit geschlossen bleiben. Die Schließung der Schulen folgte am 16. März 2020. Arbeitgeber sollten in sämtlichen geeigneten Bereichen auf ein Maximum an „Homeoffice“ zurückgreifen.
Mir leeschten en essentiellen Déngscht fir d’Land
Der SYPROLUX verbreitete die Entscheidung der Regierung über ihre Kommunikationskanäle an seine Mitglieder und dankte allen Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern für ihren Einsatz in den kommenden Monaten: “Mir leeschten en essentiellen Déngscht fir d’Land”.
Innerhalb der CFL wurde eine Covid-Taskforce gegründet, die sich wöchentlich traf und die Gewerkschaften stets auf dem Laufenden hielt.
Der SYPROLUX sicherte der CFL-Verwaltung ihre volle Unterstützung zur Bewältigung der Krise zu.
Regelmäßige Desinfektion war Trumpf
Im April ging die Information an das Personal, dass in den Zügen nun unter anderem regelmäßig Kontaktflächen desinfiziert werden. Zusätzlich wurden extra Bereiche in Zügen nur für die Zugbegleiter reserviert, um die benötigte Hygienedistanz zu gewährleisten. Der SYPROLUX hatte diese Bereiche, sowie die Schließung der Vordertür und das Absperren der zwei ersten Reihen in den Bussen, gleich zu Beginn der Pandemie gefordert. Bis auf Weiteres sollte die Kontrolle in den Zügen durch das Zugbegleitpersonal auf ein Minimum reduziert werden. Kurz darauf ordnete die Regierung die Maskenpflicht im öffentlichen Transport an. Der SYPROLUX teilte diese Information mit seinen Mitgliedern und informierte, dass Masken von der Verwaltung zur Verfügung gestellt werden würden, sowie Desinfektionsmittel. Die Beschaffung von Masken und Desinfektionsmittel ging anfangs, bedingt durch die enorme Anfrage, schwer von dannen.
Stillstand
SYPROLUX intern kam es innerhalb der Kommissionen und Sektionen zum Stillstand. Arbeitstreffen, Auslandstermine, Kommissionssitzungen, Sektions-, Exekutiv- und Verwaltungsratssitzungen wurden abgesagt. Die Arbeit verlief auf Distanz. Das Familienfest, sowie sämtliche Gesellschaftsevents mussten abgesagt werden.
Neue Kommunikationswege mussten her
Es war eine Zeit tiefster Verunsicherung. Jeder hatte Fragen, Ängste und Sorgen, suchte Rat. Über den Weg zahlreicher Newsletter und konstanter Präsenz in den Sozialmedien gelang es dem SYPROLUX ein Maximum an Informationen zu verteilen. Doch schriftliche Mitteilungen waren unzureichend. Deshalb musste man auf digitale Tools, wie Teams oder Zoom zurückgreifen. So konnte man sein Gegenüber zumindest auf einem Bildschirm sehen und mit ihm sprechen. Nur musste man mal solche Tools anschaffen, die technische Mittel einrichten und sich dann noch mit dem Ganzen vertraut machen.
“Mehr als ein Mal glich eine solche Visiokonferenz einer Art spiritistischen Sitzung. Die gleichen Fragen wurden immer wieder unter den Teilnehmern gestellt: “Könnt ihr mich hören? Seht ihr mich? Ich habe weder Bild noch Ton, ist schon jemand da?” Doch die lustigsten Momente waren die, wenn jemand sein Mikrofon vergessen hatte auszuschalten und dann mit Frau oder Mann über das Mittagessen lauthals diskutierte. Oder ein anderer mit vollem Einsatz und vielem Gestikulieren seine Belange vorbrachte und der Rest von uns sich dauernd an die Kopfhörer fasste, um demjenigen mitzuteilen, dass man ihn nicht hören konnte. Richtig anstrengend wurde es, wenn bei einer europäischen Sitzung, die Interpretation verloren ging und zu versuchen von den Lippen der bulgarischen Kollegin abzulesen muss man mal können!”, witzelte unter anderem Mylène Bianchy in einem Gespräch mit ihren Kollegen im Büro....
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Der SYPROLUX bekommt eine neue Struktur und neue Statuten
Laut den Statuten der SYPROLUX/FCPT soll jedes zweite Jahr ein ordentlicher Kongress stattfinden. Dieser soll bindende Beschlüsse treffen, die “richtungsweisend für das Handeln und die Arbeit sämtlicher Gremien [der] Gewerkschaft“ sind. Der Petinger Kongress von 2020 sollte laut TRANSPORT “vor allem durch die anstehenden Wahlen und die Abstimmung über unsere neuen Statuten zu einem der wichtigsten Kongresse der letzten Jahre werden.” Der Kongress, der durch die Coronapandemie an drei verschiedenen Orten zeitgleich organisiert wurde, besiegelte nämlich auch die Zukunft der FCPT. Die “Fédération Chrétienne du Personnel des Transports” war 1955 von der SYPROLUX als Oberorganisation gegründet worden, um auch die privaten Transportunternehmen gewerkschaftlich zu vertreten. Erschwert wurde diese Vertretung jedoch 1989, als der Gesetzgeber nur noch “national repräsentativen“ Gewerkschaften erlaubte, Kollektivverträge auszuhandeln und zu unterzeichnen. Da der SYPROLUX/FCPT diese Stellung nicht besaß, riskierte er die Privatbeschäftigten der Transport-unternehmen nicht mehr vertreten zu können.
Daraufhin wurde im selben Jahr ein Kooperationsvertrag mit dem LCGB unterschrieben. Durch die Unterstützung dieser nationalen repräsentativen Gewerkschaft konnte die SYPROLUX/FCPT weiterhin für die Privatbeschäftigten da sein. Durch die Entwicklungen der vorherigen Jahre waren jedoch die Sparten der Schiff- und Luftfahrt unbedeutend geworden, sodass nur noch die Bus-, Taxi- und LKW-Beschäftigten vertreten wurden. In den 2010ern Jahre wurde der LCGB mit internen Schwierigkeiten konfrontiert, die auch zum Ende des Kooperationsvertrags führten. Da der SYPROLUX/FCPT weder Personal “um Terrain“ hatte noch den “national repräsentativen Status“, musste ab 2015 ein Entschluss über die Zukunft der FCPT getroffen werden.
Eine Fusion mit dem LCGB – ähnlich dem Landesverband, die (probeweise) dem OGBL beigetreten sind – stand außer Frage, da man “sich nicht verkaufen wollte”. Als Teil der LCGB wäre der SYPROLUX/FCPT durch die Mitgliederzahlen „extrem klein gewesen.” Der Gewerkschaftsleitung war es jedoch wichtig, nicht nur die Unabhängigkeit und, vor allem, die Handlungsfreiheit zu bewahren, sondern auch sich für die Zukunft zu wappnen. Der SYPROLUX entschied, die Bereiche der FCPT aufzugeben und sich auf das Kerngeschäft der Eisenbahn und des ÖPNV zu konzentrieren. Der SYPROLUX sollte jedoch weiterhin als Transportgewerkschaft auftreten, um einen gewissen Handlungsspielraum für die Zukunft zu behalten.
Die Annahme der neuen Statuten auf dem Petinger Kongress sei, laut Mylène Bianchy, “der einzig richtige Weg, um auch in Zukunft authentisch, frei und unparteiisch und vor allem als einzige 100 prozentige Eisenbahnergewerkschaft zu handeln.” Ein Verwaltungsrat sollte in Zukunft die Gewerkschaft leiten. Zugleich stand diesem ein Prüfungssauschuss (Comité d’Audit Interne) als Überprüfungs- und Beratungsstelle zur Seite. Die Sterbekasse “FCPT/ SYPROLUX Mutuelle” wurde an die neue Gesetzgebung angepasst und in “SYPROLUX Mutuelle” umbenannt.
Zwei verschiedene ASBLs, die “SYPROLUX asbl” und die “SYPROLUX Transportgewerkschaft asbl” wurden gegründet. Dabei gab die „SYPROLUX asbl“ als Dachorganisation, “die politische und programmatische Linie” vor, und übernahm die Verwaltung der Immobilien, Verträge und des Personals. Die “SYPROLUX Transportgewerkschaft asbl” übernahm die “Entscheidungs- und Ausübungsgewalt” und dies in “enge[r] Zusammenarbeit mit Personalvertretern, Ersatzdelegierten und Kommissionsleitern” sowie den Lokalsektionen. Auf dem Petinger Kongress wurden die Änderungen mit überwiegender Mehrheit angenommen: 95,52% für die Mandatsträger, 92,54% für die Aufstellung der “SYPROLUX Transportgewerkschaft asbl” und 92,54% für die Aufstellung der “SYPROLUX asbl”.
“Will man als Gewerkschaft Kurs halten, so muss man achtsam, gewieft, pro- und reaktiv sein. Man muss Zeichen erkennen, bewährtes verteidigen und Neues kritisch analysieren und kritisch begleiten. […] Mit den neuen Statuten legen wir als SYPROLUX einen wichtigen Baustein für die Zukunft unserer Gewerkschaft.” (Auszug aus: Entwurf einer Resolution.
SYPROLUX Fit fir d’Zukunft vom 21. November 2020)....
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70 Joer CFL-Bus
2022 feiert net nemmen de SYPROLUX säin 100. Gebuertsdag.
Et ass och d’Joer, wou de CFL-Busbetrib seng 70 Joer feiert. An dës Zeile gëllen duerfir eise Kolleeginnen a Kolleege vun der Gummibunn. Mat enger Flott vun 81 Gefierer an iwwer véier Milliounen transportéiert Client’en, beweist, datt Daer e wichtegt Rad am Konstrukt vun der Eisebunn sidd.
An och hei freeë mer eis als SYPROLUX, datt d’Zukunft vum BU fir di kommend 10 Joer duerch e Kontrakt ofgeséchert ass.
E grousse Merci geet un eis fréier a jëtzeg Personalvertrieder, déi ëmmer un hire Betrib gegleeft hunn an sech onermiddlech fir hier Aarbechtskolleeginnen a Kolleegen agesat an haut och nach asetzen.
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Glaskugel oder Karten legen?
Dann lieber Intuition und graue Zellen
Ein Blick in die Zukunft ist gar nicht so einfach. Die Glaskugel ist meistens trübe und die Karten öfters gezinkt. So verlasse ich mich auf meine Intuition und meine kleinen grauen Zellen (verzeihen Sie die Anspielung auf Hercule Poirot, aber die Versuchung war zu gross).
Krieg auf dem europäischen Kontinent
Beim Schreiben dieser Zeilen trifft der vergiftete Pfeil eines brutalen Angriffskrieges das Herz Europas. Seit einem halben Jahr versuchen die russischen Militärkräfte, die Ukraine einzunehmen und hinterlassen eine Blutspur aus Verwüstung und Leid. Und warum? Weil ein kleiner Mann den alten Traum eines Großreichs Russland aufleben lässt. Und dieser Präsident weiss ganz genau, dass wenn er den Gashahn zudreht in Europa die Energiepreise noch weiter explodieren werden. Dass dieser Präsident auch noch über einen Atomknopf, der an die Zarenbombe gekoppelt ist, verfügt, blenden wir jetzt mal lieber aus.
Und was tut der Rest der Welt: die USA sind etwas nervös; die EU versucht es auf die diplomatische Tour und schickt über ihre Mitgliedstaaten Militärmaterial in die Ukraine. Schweden und Finnland stehen in den Startlöchern um unter den Schirm der Nato einzulaufen. Die Ukraine beantragt die Mitgliedschaft in der europäischen Union. Eine Lösung des Konflikts zeichnet sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht ab.
Klimawandel lässt grüßen
In Bezug auf den Klimawandel, erleidet Europa 2022 gerade das trockenste Jahr und die höchsten Temperaturen seit der Erhebung solcher Daten. Dies heizt natürlich den Kurs von Nahrungsmitteln enorm an, besonders beim Getreide.
In vielen Ländern brennen Wald und Boden. Die Fläche der verbrannten Erde erreicht ungeahnte Ausmaße. Und wenn der ersehnte Regen vom Himmel fällt, verwandelt er sich immer öfter in Sturzbäche, die enorme Überschwemmungen mit sich ziehen. In der Sanduhr verrinnen die Zeitkörner immer schneller, um gegen den Klimawandel anzukommen.
Doch die Gesellschaft und die Politik haben die verdammte Pflicht zu handeln und die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Wir haben nur einen Planeten und wir sind es unseren Nachkommen schuldig.
Als Gewerkschafter tragen wir auch Mitverantwortung in der Gestaltung der Zukunft. An uns geht der Auftrag unsere Stimme immer und immer wieder zu erheben, wenn soziale Ungerechtigkeit in der Arbeitswelt droht Überhand zu gewinnen.
Unsere Pflicht als SYPROLUX
Als SYPROLUX verpflichten wir uns die Interessen der Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern zu vertreten und wenn nötig auch zu verteidigen. Ferner wird der SYPROLUX auch weiterhin klar Stellung zu politischen und gesellschaftlichen Aktualitätsthemen beziehen. Die Aufgabenfelder unter anderem bei den CFL, werden uns nicht ausgehen, als Beispiel sind folgende Themen zu erwähnen:
• der Erhalt des CFL-Personalstatuts;
• ein aufgefüllter Personalbestand mit einer soliden Ausbildung in Eisenbahn spezifischen Berufen;
• das Projekt “women@cfl”;
• die Einführung einer Laufbahn für die “conducteur de manoeuvre”
• die Einführung der “tableaux de service” im MI;
• die Reform des Bereitschaftsdienstes;
• die Umsetzung des neuen Gesetzes zur Sicherheit im ÖPNV, welches noch in Ausarbeitung ist;
• die Schaffung einer Polizeieinheit für den ÖPNV.
Wir sind jene Generation des SYPROLUX, der es obliegt die Errungenschaften unserer Vorgänger zu erhalten, was, wie ich immer zu sagen pflege, nicht besonders sexy ist. Doch wir sind auch jene Generation des SYPROLUX, die den Wandel unserer Arbeitswelt hin zu mehr Digitalisierung begleitet, um die Zukunft bestehender und weiterer Arbeitsplätze im Transportwesen abzusichern und darauf Acht zu geben, dass nicht ein einziger Mitarbeiter auf der Strecke bleibt.
Wer, wenn nicht wir?
Gewerkschaften waren noch nie so wichtig wie heute, nur zusammen kann man etwas bewegen und ins Rollen bringen. Nehmt es als Aufruf oder Weckruf, euch gewerkschaftlich zu organisieren und zu engagieren.
Als Mensch wünsche ich uns allen weiterhin viel Kraft, Durchhalte- und Durchsetzungsvermögen und genug Verrücktheit, um den Dingen, die auf uns zukommen die Stirn zu bieten. Wer sonst, wenn nicht wir!
Luxemburg, den 31. August 2022
Mylène Bianchy, SYPROLUX-Präsidentin
Die Brochure ist unter folgendem Link zu lesen: