Einen „gratis öffentlichen Transport", ein Wahlversprechen, welches so mancher Politiker schnellstens umsetzen will. Ach nein, es handelt sich ja nicht um ein Wahlversprechen, sondern um eine soziale Maßnahme!

Ein Konzept für den gratis ÖT steht sicherlich noch nicht. Wird noch ausgearbeitet. Fest steht aber jetzt schon, dass der Kunde wird zum simplen Benutzer, einem „User" des öffentlichen Transports degradiert wird. Momentan kann der „User" nur ein eher verbesserungswürdiges als zufriedenstellendes Angebot nutzen. Ist dies der Weg, eine nachhaltige Lösung für einen qualitativ hochwertigen öffentlichen Transport? So mancher König Kunde wird hier seine Bedenken äußern.

Bleiben wir erst einmal beim Standardkunden und der Frage: Was erwarten die Fahrgäste vom alltäglichen, öffentlichen Transport? Ein gutes Fahrplanangebot, Sicherheit, Qualität, Pünktlichkeit. Sicherlich finden wir einige dieser Leistungen bei unseren Kunden ganz oben auf ihrer Wunschliste. Die Erwartungen vieler unserer Kunden werden seit Jahren nur teilweise erfüllt. Die Gründe sind bekannt: zu spät wurde auf den Ausbau und Modernisierung des öffentlichen Transports gesetzt. Die Investitionen der letzten Jahre sind lobenswert, die geplanten Projekte notwendig, um ein kundenfreundliches Konzept umzusetzen.

Wollen wir zufriedene Kunden? Dazu benötigen wir gut ausgebildetes und motiviertes Personal in den Bahnhöfen und allen öffentlichen Transportmitteln. Die Digitalisierung kann die Kundenbetreuung nicht ersetzen. Die Technik soll die Mitarbeiter unterstützen und Informationen zuliefern.

Die Berufsbilder der Zugbegleiter und Schalterbeamten werden in dieser Zeit dringend gebraucht. Leere Bahnhöfe, auf sich gestellte Kunden (oder User) sind sicherlich die falsche Weichenstellung für einen innovativen, modernen öffentlichen Transport. Nachhaltige Konzepte sehen anders aus.

Das Wort „gratis" hat auch einen bitteren Nachgeschmack, es ist eine Mogelpackung. Für den Steuerzahler gibt es keinen gratis ÖT, Qualität und Leistung haben ihren Preis.

Wie steht es um die erste Klasse bei der Eisenbahn? Braucht man eine erste Klasse im nationalen und internationalen Verkehr? Die Bestellung der 34 neuen Triebwagen läuft, eine Entscheidung die uns auf Jahre festlegt! Die Auswirkungen für den internationalen Fernverkehr müssen sorgfältig überlegt sein, wenn der öffentliche Transport entgleist ist, wird König Kunde sauer sein.

Paul GRIES