Die Tripartite, eine durch und durch luxemburgische Lösung, …
… kam ein erstes Mal in der Stahlkrise der 70ger Jahre als Verhandlungsinstrument in den Einsatz. An einem Tisch vereinten sich Vertreter des Patronats, der Gewerkschaften und der Regierung um über die schwierige Wirtschaftslage zu beraten und vor allem aber auf schnellstmöglichem Weg gangbare Lösungen aus der Krise heraus zu finden. Das Kriseninstrument „Tripartite“ erwies sich als Erfolgsmodell, es wurde in den folgenden Jahren ebenfalls in anderen Wirtschaftszweigen bei Bedarf angewandt. Das Sozialmodell „à la luxo-luxembourgeoise“ war geboren und der Sozialdialog sozusagen institutionalisiert. Und doch gingen den jeweiligen Tripartite-Runden immer wieder Säbelgerassel voran, bis hin zu Warnstreiks und anderen Protestaktionen. Es waren oft harte Diskussionen in dem 3er-Bündnis, doch am Ende stand ein Kompromiss. Oder besser genauer gesagt, eine Entscheidung, mit welcher der eine oder andere mehr oder weniger zufrieden war, das Gemisch von Wasser und Wein war demnach für jeden der 3 Partner trinkbar.
Des Öfteren war der Index Dreh- und Angelpunkt der Diskussionen.
Der Indexmechanismus, auch eine luxemburgische Lösung und eingeführt im Jahre 1921, dient dazu die Kaufkraft der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu wahren. Diese sozialökonomische Maßnahme des Staates war ursprünglich nur Bediensteten der Eisenbahn und des Staatsapparates vorbehalten. Erst später wurde dieser Mechanismus auf andere Berufsgruppen und Sektoren ausgeweitet. Es vergingen rund 50 Jahre bis der Index ab dem Jahr 1975 Berufs und Sektoren übergreifend in Kraft war.
Durch die automatische Anpassung der Löhne, Gehälter und Renten soll die Kaufkraft an die Preise der Konsumgüter angepasst werden, dies insbesondere im Fall einer Inflation. Die Indexierung wurde im Allgemeinen als wertvolle soziale Errungenschaft angesehen, die außerdem den luxemburgischen Arbeitsmarkt attraktiv gestalten soll.
Immer wieder gab es Stimmen seitens der Arbeitgeber, die eine Abschaffung dieses Erfolgsmodells forderten, da ihrer Meinung nach der Mechanismus der Indexierung, die Wettbewerbsfähigkeit des Landes lähmen würde. Dass jedoch auf der anderen Seite die Kaufkraft gestärkt werde, ist ihnen wohl nicht sonderlich klar.
Von einer Krise zur anderen
Seit nunmehr als 2 Jahren erstreckt sich nun die sanitäre Krise des Covid-19. Viele Menschen sind an einem psychischen Tiefpunkt angelangt. Der Alltag von vielen durch Zukunftsangst und Trauer geprägt. Und das Licht am Ende des Tunnels entpuppte sich als Artilleriefeuer und Bombenabwürfe. Der Krieg tobt mitten in Europa, in der Ukraine. Bilder von Tod, Zerstörung und Flucht erreichen uns tagtäglich. Die europäische Wirtschaft schwankt, die Marktpreise für Rohrstoffe, Energie und Lebensmittel schnellen in die Höhe. Langzeitfolgen nicht abschätzbar, Vorhersagen immer weniger verlässlich. Nur eine Tatsache scheint klar, die gesamtwirtschaftliche Lage in Europa ist rückläufig.
Wenn nicht jetzt, wenn dann?
Jetzt wäre der Zeitpunkt ideal, den gedeckelten Index einzuführen, so könnte eine gerechtere Aufteilung erfolgen. Im Gegenzug muss aber klar sein, dass keine Indextranche mehr entfallen darf, so wie es jetzt des Öfteren der Fall ist. Die Indextranche vom August 2022 wird in den April 2023 verlegt. Geschickt eingefädelt, denn dies hat zur Folge, dass keine weitere Indextranche zu erfolgen hat für das laufende Jahr. Der Mensch vergisst ja bekanntlich schnell, so kann die Regierung gelassen ins Superwahljahr 2023 einsteigen und bestimmt sind die Sandspeicher bis dahin prall gefüllt, um den Wählerinnen und Wähler weiterhin Sand in die Augen zu streuen
A propos Regierung, mittlerweile ein Verein von Fubas (Fummlern und Bastlern). Sie versteckt sich mal eben hinter Steuerkrediten, die ja einen Mehrwert gegenüber der Indextranche bedeuten sollen. Allerdings ist dies nur bedingt richtig, denn man muss wissen, dass diese Kredite nur bis März 2023 gelten, denn dann erfällt ja die versprochene, doch verschobene Indextranche von August 2022. Irgendwo ist da Sand im Getriebe, da können die drei Koalitionäre noch so schluchzend am Rednerpult des Parlaments stehen und ihren Willen zum Erhalt des Index beteuern.
Fazit der Tripartite
Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bedeutet dies ein Schlag ins Gesicht. Die Kaufkraft fällt und die Lebenserhaltungskosten steigen. Auf der anderen Seite kann man nicht sämtliche Betriebe durch unzählige Mehrkosten in den Ruin treiben. Denn am Ende zahlt dann wieder der Beschäftigte die Rechnung. Trotzdem müssen auch die
Großindustriellen, die einen hohen Qualitätsnachweis haben und fordern, faire und gute Löhne zahlen, sonst geht der Schuss ins Leere und vor allem müssen diese in Punkto Steuerabgaben endlich einen realen Beitrag leisten.
Dissonanz unter den Gewerkschaften
Leider haben nicht alle nationalrepräsentative Gewerkschaften das Abkommen unterschrieben. Es liegt nicht an uns über die Beweggründe zu richten. Doch egal wie man es auslegen will, der fade Beigeschmack einer Schwächung der Sozialpartner bleibt. Und die Regierung hat sich ein weiteres Mal clever aus dem Fokus genommen. Sie hat wieder einmal die heiße Kartoffel an die Gewerkschaften und an das Patronat weitergereicht. In den vergangenen 2 Jahren haben wir über 30 Gesetze gebraucht um durch die Covid-19 Pandemie zu kommen. Für dieses Tripartite-Abkommen hieß es nach nur knapp 40 Verhandlungsstunden, dass Schluss sei, mit verhandeln, dass nun die Zeit der Umsetzung käme! Krasser kann eine Untergrabung des Sozialdialogs eigentlich nicht sein, da die Sozialpartner nicht einmal in ihren Gremien zusammen mit ihren Mitgliedern über die Entwürfe richtig beraten konnten. Ein weiteres Beispiel wie eigennützig die Regierung ihre politische Agenda durchzieht, ohne Rücksicht auf Verluste.
Verluste wird es geben und wen wird es treffen? Wie immer die schwächsten in unserer Gesellschaft. Das aber ist der Gambia-Koalition egal.
Steve WATGEN