Wo Menschen sind, da menschelt es!

Dieser Spruch kommt einem das ein oder andere Mal viel zu leicht über die Lippen. An und für sich kann man diese Worte als eine Floskel der Verlegenheit abtun, für Situationen, in denen man eigentlich nicht weiterweiß, sich nicht so recht positionieren möchte oder ganz einfach überfordert ist.

Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz tummeln sich gerne unter dem Teppich

Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz sind zwei dieser Phänomene, die betriebliche Strukturen schleichend befallen können und viel zu oft unerkannt bleiben oder unter den Teppich gekehrt werden. Sie nisten sich ein in einer Struktur, wie ein Krebsgeschwür, das um gesunde Zellen dreht und sie nach und nach befällt.

Täter – Opfer – Mitläufer - Mittäter

Der Umgangston wird ruppiger. Es häufen sich daher gesagte Sprüche, die immer verletzender werden. Hinzu gesellen sich Aktionen, welche man als dumme Jungen Streiche abtut. Und schleichend gewinnt die Böswilligkeit, den Drang einem anderen verbale oder physische Gewalt anzutun, ihn in seiner Würde zu verletzen, Oberhand. So entstehen Täter und Opfer. Wobei der Täter es schafft sich einer Gruppe zu bemächtigen, sei es durch fesches Auftreten, ein Mehr an Wissen, durch sein Alter, durch Einschüchterung. So schart er Mitläufer um sich herum. Und diejenigen, welche nichts mit ihm zu tun haben wollen suchen das Weite. Das Opfer ist zusehends isoliert. Man geht auf die Suche nach Verfehlungen, unterstellt dem Opfer Provokation. Hier wir die Vorgehensweise des Täters besonders perfide, er versucht sein Opfer in der Gruppe zu verunglimpfen. Der Gruppe wird suggeriert, dass das Opfer es nicht anders verdient hat, dass das Opfer es so gewollt hat. So wird der Täter gleichermassen zum Richter und Henker, dies unter der Duldung der Gruppe, deren Passivität, das Mitmachen anderer übertüncht. So werden aus Mitläufer auf einmal Mittäter. Oft ist dies ein feiger Ausweg, um der Rolle eines potenziellen Opfers zu entgehen. Doch es wird weitere Opfer geben, daran besteht kein Zweifel!

Bei uns ist der Ton halt rauer! Damals mussten wir als Jungspunden auch dadurch!

Mit diesen fadenscheinigen Sätzen versucht man oftmals den Tatbestand der Belästigung bis hin zur Gewalt am Arbeitsplatz, runterzuspielen und zu verharmlosen. Erstens kann ein Ton rauer sein, ohne respektlos oder verletzend zu sein. Zweitens rechtfertigt man mit solch einer Aussage ein inakzeptables Fehlverhalten im Betrieb. Dass man als Jungspund ähnliche Schmach erlitten habe, und es überlebt hätte, ist die gleiche Argumentation, als wenn ein verurteilter Straftäter den Totschlag seiner Frau mit der Tatsache rechtfertigt, dass er als Kind Opfer häuslicher Gewalt war.

Gewalt hat viele Gesichter

In Bezug auf sexuelle Belästigung gaben 2017 in einer Umfrage des Ministeriums für Gleichstellung, 32% der Frauen in Luxemburg an, Opfer von sexueller Gewalt, dies überwiegend verbal und visuell, gewesen zu sein. Im Jahre 2018 gaben in einer Umfrage der CSL (Chambre des Salarié) 2 von 10 Arbeitnehmern in Luxemburg an von Mobbing am Arbeitsplatz betroffen zu sein. 2020 verzeichnete die Mobbing asbl 366 Beratungen, 155 neue Dossiers wurden eröffnet. Angesichts dieser Zahlen ist es unbegreiflich, dass Luxemburg sich noch immer, wie Maître Castegnaro ausdrückt, mit einer «soft law» in Punkto Mobbing begnügt. Bis dato wurde nur ein europäisches Abkommen aus dem Jahr 2007 in nationales Recht umgesetzt. Ein «Anti-Mobbing»-Gesetz gibt es in Luxemburg derzeit immer noch nicht.

Nicht wegsehen!

Mobbing, sexuelle Belästigung, physische und psychische Gewalt am Arbeitsplatz, wir kennen alle diese Bezeichnungen, wir kennen ihre Facetten und ahnen ihre Konsequenzen. Trotzdem tun wir uns im Allgemeinen schwer mit deren Aufklärung, mit deren Unterbindung, mit deren Offenlegung, deren Anklage und deren Bestrafung. Die CFL ist keine Insel. Es gibt auch Opfer von Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz in unserem Betrieb. Wir haben interne Prozeduren, um diesen Fällen auf den Grund zu gehen. Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz sind Tatbestände, die unter keinen Umständen zu tolerieren sind. Sie sind keinesfalls mit unserer CFL-Wertecharta, zu welcher wir uns als SYPROLUX ebenfalls verpflichtet haben, zu vereinbaren. Bei Kenntnis eines solchen Tatbestandes, werden wir als SYPROLUX nicht wegsehen! Kein Opfer soll glauben alleine zu sein. Kein Täter soll sich in Sicherheit wiegen.

Mylène BIANCHY